Der Mühlenborn - Siegens ältester Brunnen am Markt
Die Siegener Unterwelten gewähren EInblicke in sonst verschlossene und nicht zugängliche Bereiche wie Gewölbe, Stollen und Bunker unter der Erde.
Hier geht es um einen alten Brunnen in der Siegener Altstadt. Direkt am Rathaus befindet sich unter einem Kanaldeckel dieser Brunnenschacht.
Schon mehrere Male wurde der Versuch unternommen, den Brunnen am Rathaus, oder auch “Mühlenborn“ wie der Brunnen genannt wird, wieder aufzubauen. Die Geschichte dieses Brunnes reicht weit zurück.
Mehrere Namen - eine Geschichte
Im Jahre 1482/83 wurde der „Born vor den benken“ wie er früher auch genannt wurde, neu eingedeckt. Dieser Name kommt von dem Salzmarkt mit seinen „Salzbänken“ der dort im 1700 Jahrhundert gelegen haben muss. Aus alten Akten wird ersichtlich, dass der „born vor den ba(e)nken“ mit dem verschiedentlich „Mühlenborn“ identisch ist. In den Zunftlagerbüchern von 1700 ist wiederholt zu lesen: „Wohnhaus beim Mühlenborn gegen den salzbänken über“. Auch wird eine ganze Häusergruppe in den Vermögensteuerverzeichnisse von 1801 und 1807 mit „Am Mühlenborn“ gekennzeichnet.
Der Begriff „Mühlenborn“ findet man dann im Jahre 1655/56 das erste Mal. Er bezieht sich auf die Roßmühle, welche bereits im Mittelalter dort Ihren Platz hatte. Sie wurde vermutlich aus dem Grund angelegt, um in Belagerungszeiten, wenn die vor den Toren des alten Sieges an den Wasserläufen gelegene Mühlen ausfielen, die Versorgung der Stadtbevölkerung mit Mehl sicherzustellen.
Alte Stadtbrunnen werden in Ihrer Geschichte oft mit „born“ oder auch „putz“ / „pötz“ bezeichnet.
Aus den Siegener Archivalien geht hervor, dass im Jahre 1874 in der Stadtrechnung folgendes zu lesen war:
„d. Abbruch des Brunnenhauses über dem Mühlenborn 142 Taler 25 Silbergroschen 6 Pfennig
- Jung, für Reinigen des Brunnens u. Erdarbeiten bei d. Röhrenlegung zu Pumpe 65 Taler 3 Silbergroschen
- Mauermeister Flinke für Abbruch des Brunnenhauses u. Zuwölben des Brunnens 77 Taler 22 Silbergroschen 6 Pfennig
- An Gebr. Jung für die Pumpe u. deren Aufstellung 130 Taler 4 Silbergroschen“
Der Abbruch des Oberbaus (Brunnenhaus mit Zieheinrichtung) erfolgte 1874. Wie aus der Siegener Zeitung von 07.08.1874zu erfahren ist, wurde der Abriss der Brunnen auf dem Marktgeviert durchaus positiv gesehen. So steht dort geschrieben: Dem schon erwähnten Abtragen des Mühlenborns sind die beiden Feuerbrunnen oberhalt des Rathauses unmittelbar gefolgt, so daß auch der Platz zwischen Rathaus und Kirche jetzt von diesen beiden so häßlichen als unpraktischen Zuthaten befreit erscheint.
Desweiteren ist bezüglich den Feuerlöschbornen zu lesen: Die seitherige weite Öffnung des Brunnen wird jetzt durch eine kleine Eisenplatte geschlossen, die bei einem etaigen Brande leicht geöffnet und von wo hinab alsdann der Schlauch eines Saugers eingeführt zu werden vermag.
Bezug wird auch auf die weiteren Brunnen genommen: Der Oberbau des „Kloosborns“ und der an der Burgstraßen-Ecke befindliche Feuerlöschborn werden vorraussichtlich folgen.
Versuche eines Wiederaufbaus
Nach dem Abriss und des Verschließen des Brunnens geriet der Mühlenborn in Vergessenheit. im Jahre 1949 wurde der alte Brunnenschacht bei Tiefbauarbeiten wiederentdeckt. Man hatte einen quer verlaufenden Schacht angeschnitten, der als Überlauf diente. Vermutlich führte der Schacht / Kanal, der ca 60cm breit und ca 1m hoch ist zu dem Ziehbrunnen, der sich unterhalb vom Rathaus befand und auf dem Gemälde von Wilhelm Scheiner (Titelbild dieser Seite) zu erkennen ist. Solche Verbindungen zwischen Brunnen sind sehr typisch und ein fester Bestandteil einer mittelalterlichen Wasserversorgung.
Bereits für das Jahr 1988 hatte man die Wiederherstellung zweier alter Brunnen geplant. Dabei handelte es sich um einen Brunnen „zwischen dem Nordeingang des Siegener Rathauses und der Nikolaikirche und an der Mauer der Marienkirche. Beide Vorhaben sind nicht umgesetzt worden. Beim ersten Standort handelt es sich um den nördlichen der beiden Feuerlöschborne zwischen Rathaus und Nikolaikirche. Dieser ist durch eine Bodenplatte als Nachbildung und einer Bronzetafel versehen. Der zweite Standort – an der Mauer neben der Marienkirche – wurde nicht angetastet. Dort befindet sich laut alten Schrifften ein „Bassin“. Ob es sich dabei um einen Ziehbrunnen im klassischen Sinne handelt, bedarf noch der weiteren Forschung.
Im Rahmen des Straßenausbaus in der Oberstand in den 90gern kam erneut der Gedanke auf, den Mühlenborn wieder sichtbar zu machen. In dieser Zeit wurde der Brunnen vermessen und es entstanden die Zeichnungen und eine Gussplatte wurde angefertigt. Der Brunnenschacht mit seinen 3m Durchmesser ist komplett erhalten und weißt einen Wasserstand von ca. 3,40m auf. Der Schacht hat eine Tiefe von 9m und wird nach oben hin mit einem Tonnengewöbe abgeschlossen. An dessen Spitze befindet sich ein Loch mit einem Durchmesser von ca. 40cm. Dieses wird dann mit einem gewöhnlichen Kanaldeckel verschlossen.
Da die Öffnung an der Firste des Gewölbes nur 40cm im Durchmesser misst, ist eine fotografische Dokumentation des Brunnens nur erschwert möglich. Trotzdem gibt es hier im Video ein paar Bilder und Videosequenzen aus dem Inneren. Viel Spaß!
Nicht nur der Mühlenborn versteckt sich unter der Oberfläche, sondern auch der Clausborn in der Lämmergasse liegt im Verborgenen. Die beiden Brunnen sind allerdings kulturhistorische Zeitzeugen die nachweislich bis ins Jahr 1467 zurückreichen. Unter anderen aus diesen Brunnen wurde das tägliche Wasser zum Kochen, zur Hygiene wie auch das Löschwasser bei den großen Stadtbränden gefördert.